Ich hätte da mal eine Frage an dich:
Bist Du gerade auch so müde? 🙂
Ich weiß, ich sollte früher ins Bett gehen. Aber die Eule in mir möchte unbedingt noch das Beste aus dem Abend machen.
Dass der Tag bloß nicht zu früh zu Ende geht, es gibt doch noch so viel Interessantes zu entdecken.
Als Folge davon ist die nicht ausgeschlafene Lerche in mir morgens meist müde und ist deshalb auch generell nicht gut auf die Eule zu sprechen. Aber der Eule ist das ziemlich egal.
Die Lerche kann also nichts tun, um die Eule früher ins Bett zu bewegen.
Naja, das stimmt nicht ganz.
Sie kann wohl etwas tun, um es der Eule heimzuzahlen.
Nämlich öfter mal zu verschlafen, damit der Esel, der tagsüber arbeiten muss, irgendwann seinen Job verliert und die Eule deshalb kein Geld mehr hat, um abends feiern zu gehen. 🙂
Nein, aber jetzt mal ernsthaft: welche Verbindung hat jeder von uns zu seinem morgigen oder generell seinem zukünftigen Ich?
Ist das immer noch ein und dieselbe Person oder ändert sich die Beziehung zu unserem Ich irgendwann im Zeitablauf?
Betrachten wir es zunächst einmal aus der physischen Perspektive.
Einige Leute sagen, dass sich unser Körper alle sieben Jahre komplett erneuert.
Zumindest rechnerisch scheint das zu stimmen: die Anzahl der Zellen, die sich täglich erneuern sollen, geteilt durch die gesamte Anzahl der Zellen in unserem Körper.
Alle sieben Jahre neu.
Doch unsere Körperzellen erneuern sich unterschiedlich schnell. Haut- und Knochenzellen sind schnelllebig, Nerven und Gehirn hingegen ziemlich beständig.
(Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass unser Gehirn so gut geschützt ist, wer weiß…)
Jedenfalls erneuern wir uns stets mit der Zeit, zumindest mal rein physisch gesehen.
Doch nehmen wir uns deshalb auch anders wahr?
Wie ist die Beziehung zwischen unserem jetzigen, dem vergangenen und dem künftigen Ich?
Das vergangene Ich, das Kind in mir, lebt weiter. Es möchte Spaß haben, feiern, auf seine Kosten kommen, jeden Tag seinen Schnitt machen. Den Tag wirklich erfüllt zu Ende leben.
Jedenfalls nicht zu früh ins Bett gehen, es gibt doch noch so viel Interessantes zu entdecken.
Das erwachsene Ich muss es dann jeden Morgen ausbaden. Gegen die Müdigkeit ankämpfen und arbeiten gehen, auch um für das künftige Ich vorzusorgen.
Damit das künftige Ich später irgendwann idealerweise ein gutes, sorgenfreies Leben hat. So wie das Kind in mir es früher hatte, und hoffentlich jetzt noch hat.
Heißt es also, dass unser jetziges Ich dafür sorgen muss, dass es unserem vergangenen und künftigen Ich weiterhin gut geht?
Und wer interessiert sich dafür, dass es auch unserem jetzigen Ich gut geht? Jetzt, in diesem Moment?
Dass es seine übliche Aktivität, sein Denken an die anderen, seine tägliche Unruhe mal beiseite legt und an sich selbst denkt?
Und wie lässt sich diese Unruhe denn am besten ausfindig machen?
Vielleicht möchtest Du dich gerade mal kurz entspannen und in aller Ruhe hineinbegeben, auf der Suche nach dieser Restaktivität, nach diesen stets flüchtigen Alltagsgedanken.
Ich weiß nicht, ob Du gerade sitzt oder vielleicht sogar liegst.
Jedenfalls kannst Du gerne mal beobachten, wie deine Glieder gemütlich Kontakt mit der Unterlage aufnehmen und sie bei Gelegenheit mal fragen, ob sie nicht noch ein Stückchen tiefer in sie hineinsinken möchten.
Ich weiß nicht, ob Du es schon mal bemerkt hast, aber wenn wir in uns hineinhören, spüren wir manchmal, dass unser Körper mehr weiß als wir selbst.
Vielleicht möchtest Du es leise nach der Quelle der Unruhe fragen, vielleicht sogar Spuren im Körper entdecken, die die Unruhe hinterlassen hat.
Da sind vielleicht immer noch Stellen, die sich noch nicht so richtig entspannen können. Die noch etwas mehr Aufmerksamkeit bedürfen. Hier und da noch ein Muskel, eine Faszie, ein Gedanke.
Oft hat jeder so seine persönliche Unruhe. So wie der Wind, der auch mal seine aktiven Phasen hat, als ob er darin nach etwas suchen würde. Mal hier und da den Staub aufwirbeln, Grashalme sich hin- und herbewegen lassen, Blätter an den Bäumen zum Rascheln bringen.
Und wenn der Wind dann irgendwann nachlässt, kommt das alles wieder zurück, pendelt sich wieder ein, kommt für eine ganze Weile wieder zur Ruhe.
Und ich weiß nicht, wie deine persönliche Unruhe oft aussieht, die durch das tägliche Treiben entstehen kann. Wie eine flinke Wuselmaus, oder ein kleiner Zwerg, oder vielleicht eher wie eine Empfindung, ein Kribbeln irgendwo. Oder vielleicht auch etwas anderes.
Du kannst sie jedenfalls gerne gemütlich beobachten, aus gewisser Distanz. Sehen, wie sie so ihr Dasein treibt, hier und da mal Staub aufwirbelt. Es ist manchmal schön zu sehen, wie jemand aktiv ist, während man es sich so richtig gut gehen lässt.
Gute Portion Aktivität, die sich irgendwann wieder einpendelt, wieder für eine ganze Weile zur Ruhe kommt.
Und wenn Du einmal zurückblickst, wirst Du vielleicht erkennen können, dass jede Aktivität, jeder Gedanke, jeder Impuls irgendwann wieder abklingeln, wieder aufhören eine bedeutende Rolle für dich zu spielen.
Und vielleicht merkst Du schon, dass es auch deiner persönlichen Unruhe früher oder später auch so ergeht.
Gerade eben war sie noch aktiv, und schon sieht man, wie sie allmählich beginnt, unwirklicher zu sein, sich Stückchen für Stückchen aufzulösen, immer entfernter zu sein. Bis sie irgendwann vielleicht gar nicht mehr zu sehen ist.
Denn auch sie möchte sich ab und zu mal ausruhen, ist auch ihr gutes Recht.
Sie braucht auch ihre persönliche Ruhe, um wieder runterzukommen, um wieder mehr zu sich zu finden. Um gemütlich aufzutanken und Energie zu sammeln, für alles was noch kommen mag.
Sie ist nämlich auch deshalb wichtig, weil wir ohne sie unsere Ruhe nicht zu schätzen wüssten. Die Zeit, in der wir ganz und gar bei uns sein können, in der alles andere mehr oder weniger unwichtig wird.
Du darfst dir gerne so viel Zeit lassen, wie Du brauchst, um das alles genügend zu genießen.
Und wenn Du damit fertig bist, kannst Du die Dinge soweit für dich abschließen und dich gerne wieder in deiner eigenen Geschwindigkeit wieder zurückorientieren, in diesen Raum und in diese Zeit.
Mit jedem Einatmen mehr und mehr zurückzukommen, bis Du wieder ganz wach und klar wirst.
Ich finde es toll, dass Du dir dafür Zeit genommen hast!