Hallo, ich bin’s, dein gewöhnlicher Tag.

Lass mich raten – ich bin ein Werktag. Oder noch besser: ein Arbeitstag.

Also definitiv kein Sonntag.

Und eigentlich genau das Gegenteil von einem gesetzlichen Feiertag.

Ich bin also ein Tag, auf den du nicht unbedingt gewartet hast.

Warum auch – es passiert ja sowieso nichts Besonderes.

Und deshalb kannst du mich wahrscheinlich auch nicht von den anderen Tagen unterscheiden.

Ein Einheitsbrei an Tagen.

Bin ich wirklich ein Teil davon?

Eine kleine Zwischenströmung von vielen in einem langen, langweiligen Fluss?

Wie kann ich dir denn helfen, mich möglichst uneinheitlich zu überbrücken?

Na ja, also wenn du wirklich interessiert bist, hätte ich da mal eine kleine Idee.

Das Ganze fängt am besten noch am Vorabend an, indem du einen großen Smiley auf ein DIN A4 Blatt malst und es an die Decke über deinem Bett klebst.

Auch wenn dieser Befestigungsvorgang vielleicht nicht ganz einfach sein wird – glaub‘ mir, das wird es am nächsten Morgen wert sein, wenn du diese Botschaft an dich selbst siehst.

Du wachst also morgens auf, siehst den Smiley, lächelst vielleicht kurz und dann darf es schon losgehen.

Du kannst vom Bett herunterspringen. Oder herunterrutschen. Dabei idealerweise so laut gähnen, wie es nur geht.

Dann bei ausgeschaltetem Licht duschen. Die Zahnbürste mit der anderen Hand halten. Auf dem Balkon frühstücken, egal wie das Wetter ist. Irgendwas Ausgefallenes anziehen, was überhaupt nicht zu deinem Stil passt.

Dann die Treppe rückwärts hinuntergehen oder, noch besser, hinunterhüpfen. Einen riesengroßen Umweg auf dem Weg zur Arbeit machen. Ein belegtes Brötchen mitnehmen und es einem Obdachlosen geben.

Auf der Arbeit kannst du gerne alle und jeden den ganzen Tag ignorieren. Oder genau andersherum, sie mit Fragen bombardieren. Über alles, was du schon immer wissen wolltest.

Zum Mittagessen holst du dir etwas, was du noch nie gegessen hast. Dabei eine ausgedehnte Mittagspause machen und eine neue Straße oder einen neuen Laden entdecken. Und wenn es zufällig ein Bücherladen ist, gibt es volle Punktzahl.

Du kannst unterwegs eine Postkarte an dich selbst mit einer geheimen Botschaft verschicken. Oder mit Kreide ein geheimnisvolles Zeichen an eine Straßenlaterne malen, das nur du verstehst.

Auf dem Weg nach Hause kannst du gerne alle Menschen anlächeln, die du siehst. Du gehst die Treppe rückwärts herauf, gibst deinem Spiegelbild einen Kuss und isst das Abendessen nur mit Hilfe von chinesischen Holzstäbchen.

Du kannst abends auf Youtube eine neue Yoga-Art entdecken und sie 30 Minuten lang ausprobieren. Danach eine neue Tee-Kombination aus mehreren zufällig ausgewählten Teebeuteln trinken.

Du sprichst mindestens eine halbe Stunde mit jemandem, den du magst. Persönlich oder am Telefon. Dabei stellst du deinem Gegenüber mindestens drei Fragen zu jedem Thema, das er oder sie anspricht.

Zum Herunterkommen findest Du im Internet eine Bastelvorlage zum Ausschneiden und Zusammenkleben. Bevor du mit dem Basteln anfängst, darfst du dir gerne eine wohltuende Gesichtsmaske auftragen. Am liebsten irgendwas mit Quark.

Und wenn du abends müde im Bett liegst, wird der Smiley an der Decke das Letzte sein, was du siehst, bevor du das Licht ausschaltest.

Das wäre ein Vorschlag von mir zu der Art und Weise, wie du mich gerne mal verbringen darfst.

Es muss solche gewöhnlichen Tage wie mich geben, damit du dich noch mehr auf die besonderen Tage freust.

Doch auch ich darf ab und zu eine kleine Besonderheit haben.

Damit du vielleicht noch einige Zeit an mich denkst.

Und damit du dich das nächste Mal vielleicht sogar auf mich freust.

Aus solchen Tagen wie mich setzt sich nämlich der Großteil deines Lebens zusammen.

Ich bin dein Leben.

Und ich würde dir gerne mal etwas Schönes zeigen.

Komm‘ mit.


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